Eco Accademia nel Bosco

Recensione su KLASSIK HEUTE: CD Leila Shirvani, “Cello-Konzerte”

domenica 12 Dicembre 2021 00:00

www.klassik-heute.de

KLASSIK HEUTE, Stefan Pieper [12.12.2021]

 

Was für eine Frische und welch ein optimistischer Schwung lebt in Joseph Haydns C-Dur Cellokonzert! Und welche Delikatesse offenbaren die Rokoko-Variationen von Tschaikowsky! Schon allein deswegen möchten wohl alle Cellisten sie in ihrem Repertoire haben, um idealerweise diesen ganzen Reichtum im Konzert aufleben zu lassen. Dies gelingt einer hochmotivierten Formation, bestehend aus der britisch-persischen Cellistin Leila Shirvani und einem engagierten Orchester aus Rom, dem von Enrico Melozzi dirigierten Orchestra Notturna Clandestina. Das funktioniert allein schon deswegen, weil auf dieser Aufnahme eine hörbar große Übereinstimmung über das angestrebte Klangideal herrscht. Auch über die genannten Programmpunkte hinaus ist dieser Aufnahme eine lupenreine Transparenz eigen.

Delikat und temperamentvoll

Feinfühlig loten die Streicher die Thematik in den Haydn-Sätzen aus und es lebt genug pointierter Schwung, um der spiefreudigen Cellistin den Weg zu bereiten, damit diese mit breitem Strich das Melos aufsaugt. Dass dies nie ein solistischer Egotrip wird, dafür sorgt das engagierte Spiel der Streicher. Zu verdanken ist dies auch der extrem analytischen Aufnahmequalität, welche den Orchestersound und nicht zuletzt sämtliche Oberton-Aspekte in Leila Shirvanis Cellospiel einfängt. Der Cellistin geht es ja nach eigenem Bekunden auch darum, ein „360 Grad Panorama ihres Instrumentes“ einzufangen.

Feinfühlig, delikat, manchmal temperamentvoll, dann wieder anmutig heiter, getragen-lyrisch oder im nächsten Moment exaltiert oder stürmisch-virtuos – man könnte die Skala noch weiter spannen, wollte man alle Aspekte beschreiben, die Tschaikowsky in seinem berühmten Variationszyklus über ein Rokoko-Thema eingefallen sind. Leila Shirvani und das Orchestra Notturna Clandestina lassen sich auf jedes dieser kleinen, feinen Abenteuer mit Spiellust und Unvoreingenommenheit ein.

Sängerin auf ihrem Instrument

Eine Oper von Rossini braucht Sängerinnen, die sich etwas trauen. Auch hier ist Leila Shirvani als Sängerin auf ihrem Instrument für diese Bravour-Rolle prädestiniert. Das von Enrico Melozzi dirigierte Orchester bietet ihr eine Bühne bei der Arie „Una voce poco fa“, die für das Cello „übersetzt“ wurde. Zwei eigene, lyrische Kompositionen hat der italienische Orchesterleiter der jungen Cellistin auf den Leib geschrieben: Eine innige Ballade, welche lyrisch über die „ewige Kindheit“ reflektiert sowie die Bearbeitung eines persischen Liedes – eine ganz persönliche Widmung an die kulturellen Wurzeln von Leila Shirvani.

Ein weiterer, auf gut dreieinhalb Minuten komprimierter Geniestreich lohnt allein den Erwerb dieser Einspielung: Enrico Melozzi hat Manuel de Falles Ritual Fire Dance zum orchestralen Format ausgeweitet – natürlich mit einem hinreißenden Cellopart für Leila Shirvani im Zentrum. Hochspannung wird erzeugt, wie hier nochmal alle Potenziale ausgereizt werden – in einer treibenden rhythmischen Struktur gespickt mit Sforzato-Effekten sowohl beim Cello als auch im Orchester. Letzteres schwingt sich hier in manchen Momenten zu regelrecht wagnerischer Klangpracht auf.